Preiszusammensetzung

Der Wert von Kleidung

Wert. Ein Begriff mit vielen Facetten: Worth, Value, Achtung, Würdigung, Belohnung, Preis, Gegenwert. Was bedeutet Wert wirklich? Und wie wird er bestimmt?

Die verschiedenen Dimensionen des Werts von Kleidung: 

  • Materialien – Woher kommen sie? Wie sind sie verarbeitet?
  • Arbeit & Aufwand – Handwerk, Kopfarbeit, Zeit und Können.
  • Organisation & Entwicklung – Vom ersten Entwurf bis zum fertigen Produkt.
  • Design – Funktion, Ästhetik, Einzigartigkeit.
  • Der Wert, der Wert gibt – Transparenz, Storytelling, Verantwortung.
  • Der Wert meiner Arbeit

Lasst uns Klartext reden

Aber jetzt geht es erstmal um ein Grundlegendes Verständnis, und ein System, das ich für mich festgelegt habe. Die Katze soll aus dem Sack. Keine Geheimnisse mehr. Ich möchte, dass ihr versteht, WOFÜR ihr zahlt. 

Wie ist das mit dem Wert der Arbeit anhand des Beispiels einer Weberin/eines Webers? Sieht man den Stoff und vergleicht mit üblicher Handelswahre, fragt man sich schnell, wie der Preis entsteht. Als Produzent einer Ware ist am Ende eben nur das Produkt zu sehen. Nicht die Stundenlange Einrichtung des Webstuhls, die Auseinandersetzung mit der jährlichen Steuer, das Bestellen der Rohstoffe, das Beraten der Kunden, das Vernetzen mit eventuellen Multiplikatoren, Marketing-Aufwand, die Entwicklung neuer Muster – und ich meine hier erstmal „nur“ die Erstellung des Stoffs.

Ein Kleidungsstück selbst erfordert zusätzlich:

  • Prototypen, die in mehreren Entwicklungsstufen überarbeitet werden
  • Schnitterstellung
  • Anfertigung in verschiedenen Größen für eine inklusive Passform uvm.

Warum sind Kleidungsstücke oft so günstig?

Die Transparenz in Lieferketten, die Nachhaltigkeitsbewegung und Skandale in der Modeindustrie haben viele Debatten über faire Preise ausgelöst. Doch warum gibt es so wenige Beispiele für eine faire Preisgestaltung?

Einige Gründe für niedrige Preise:

  • Verkaufspreis als Ausgangspunkt: Die Produktion wird nicht nach Wert, sondern nach dem angestrebten Endpreis kalkuliert. Jemand muss dabei immer zurückstecken.
  • Industrialisierung & Ausbeutung: Maschinen beschleunigen Prozesse, während günstige oder unbezahlte Arbeitskräfte (oft Frauen und Kinder) die Kosten weiter senken.
  • Ferne Produktion: Die Herstellungsorte sind oft so weit weg, dass sie uns nicht direkt betreffen.
  • Komplexität & Kopierbarkeit: Mode ist so standardisiert und leicht reproduzierbar, dass viele das Handwerk dahinter nicht mehr wertschätzen.

Zahlen & Kalkulationen

Ein Bericht von Rapha Breyer („Preis eines T-Shirts – günstiger als die Wahrheit“, 2014) zeigt, dass in manchen Fällen nur 1% des Verkaufspreises als Lohnkosten angesetzt werden!

Das Buch Fashion Business Manual rechnet so:

  • Großhandelspreis = Selbstkosten (also direkte Kosten wie Materialien, Arbeitskosten und indirekte Kosten wie Entwicklung des Schnitts, der Prototypen, Shop, Website, Fotograf, Model, Büro/Atelier Miete und Einrichtung, Nähmaschinen, Scheren, etc., Marketing, PR, Transaktionskosten, Fahrtkosten, Versicherung, Versandkosten, Steuern) x Aufschlag (2,2 – 2,8)
  • Verkaufspreis = Großhandelspreis x 2,2 – 2,8
  • Der größte Anteil am Preis kommt vom Handel, nicht von der Produktion!

Wie setze ich meine Preise fair an?

Ich habe recherchiert, Bücher gewälzt und mit Designer:innen aus der Fair-Fashion-Szene gesprochen. Die Erkenntnisse:

Gewinn darf nicht zu niedrig sein, um das Unternehmen langfristig zu halten.

Viele Fair-Fashion-Marken verkaufen nicht über den Handel, weil sie sonst kaum überleben könnten.

Unbezahlte Arbeitsstunden stecken in jeder Kollektion: von der ersten Idee über Materialtests bis hin zu Produktion und Vertrieb.

Produktionsmodelle – wie wird Mode hergestellt?

Die gängige Praxis in der Modeindustrie:

  • Fertigware mit Logo: Standardprodukte werden produziert und nur noch gebrandet.
  • Full Production Package (FPP): Alles wird vom Produzenten übernommen, aber ohne Kontrolle über Materialien oder Arbeitsbedingungen.
  • Cut-Make-Trim (CMT): Nur Zuschnitt und Verarbeitung – der Designer bringt Materialien und Schnitte mit. Dies ermöglicht maximale Kontrolle, reduziert Abfall und sichert Qualität.

 

Meine Preisgestaltung – ein transparenter Einblick

DIREKTE KOSTEN/AUSGABEN: 176,50€

MATERIALIEN:

So nah wie möglich produziert, Bio-Qualität, möglichst Naturfasern aus Europa

Hauptstoff (ca. 1,5-2 Meter x 32,60€/Meter) 59€

Zutaten, Sonstige (vintage/re-use/upcycling): 1,5€

FERTIGUNG pro Kleidungsstück im Durchschnitt: 90€

Zur Aufrechterhaltung der lokalen Textilindustrie und fairen Bezahlung, so nah wie möglich.

EIGENLEISTUNG: 1,5Std x 15€/Std = 22,50€

Da ich selbst oder Kunsthandwerker einige Details erstellen und diese für die Produktion zu kompliziert wären

  • Brusttaschen des Leinenhemds
  • Labels und Waschetiketten bedruckt auf vintage Leinentüchern

VERPACKUNG (plastikfrei): 6€

  • Box,
  • Hangtag (Papier-Anhänger mit allen Infos)
  • Papier zum Schutz
  • 1 Packung Faserlein-Saatgut pro Kleidungsstück 

 

INDIREKTE (ENTWICKLUNGS-)KOSTEN: 86,75€

  • Die Entwicklung der Samples, des Schnittes, der Prototypen
  • Online-Shop bzw. Website
  • Fotograf
  • Model
  • Büro (Materialien)
  • Marketing, PR-Aufwände
  • Transaktionskosten
  • Fahrtkosten
  • Versicherung,
  • Investitionen für zukünftige Kollektionen
  • Beratungsleistungen
  • Steuern

GEWINN / MARGE: 86,75€

 

Offene Fragen:

Zu bedenken ist, dass ich meine eigenen Leistungen mit 15€ die Stunde sehr niedrig angesetzt habe. Dabei erstelle ich alle Labels mit Druck selbst, besticke die Taschen und bereite komplizierte Handarbeiten vor.

Auch sind Zutaten sehr niedrig angesetzt, da ich sie alle Vintage beziehe und dadurch keine bis geringe Kosten habe.

Eine Retailmarge ist nicht berücksichtigt, da sonst der Einzelhandelspreis viel zu teuer würde. Das hat den Nachteil, dass du nur bei mir am Hof persönlich die Kollektion anprobieren kannst und der Zugang sich ansonsten auf sehr ausgewählte Läden, Events oder Die Website und Instagram beschränkt. 

Einige alternative, verantwortungsvolle Preissysteme:

  • Mieten statt Kaufen
  • True Cost Accounting – was kostet ein Produkt wirklich, auch für die Natur?
  • Zahle, was du kannst oder was es dir wert ist

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