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Von der Schönheit des Handgemachten

geschnitztes Ornament an unserem Hof in Patsch, Tirol von Josef Greier. Diese geometrische Blume kann in ihrer Symbolik Naturverbundenheit, unterschiedliche Jahreszeiten, Frühlingserwachen und beginnendes Leben widerspiegeln.

Ich habe mich oft gefragt, warum mich Handwerkskunst so fasziniert. Vielleicht liegt es an den Gegensätzen, die sie vereint: Ist Handarbeit ein Hausfrauen-Hobby oder Haute Couture? Gehört sie in die Welt der „Hippies“ oder der „Hipster“? Einerseits wird sie in der Trachtenszene konservativ bewahrt, andererseits bewusst provokant für politische Statements genutzt. Und in einer Zeit, in der Industrialisierung und Digitalisierung unseren Alltag dominieren, sehnen wir uns immer stärker nach dem Echten – nach etwas, das uns von den Bildschirmen wegreißt und in einen kreativen Flow bringt.

Warum berührt uns Handgemachtes so sehr?

In den letzten Jahren ist das Interesse an „Crafts“ stark gestiegen. Auch während meiner fünf Jahre bei Adidas begegnete mir das Thema immer wieder. Kein Wunder, denn Handgemachtes berührt uns auf einer tiefen, emotionalen Ebene. Es erinnert uns an eine Zeit, in der Dinge mit Geduld und Hingabe geschaffen wurden. Wer hat nicht eine Erinnerung an handgestickte Tischdecken der Großmutter oder teilt meine Faszination für antikes Kunsthandwerk auf Reisen?

Solche Stücke erzählen Geschichten. Sie verbinden Vergangenheit mit Gegenwart, stehen für Authentizität und Wertschätzung. In einer Welt voller Massenproduktion wird die Unperfektheit von Handarbeit – sichtbare Stiche, kleine Unebenheiten, individuelle Spuren – plötzlich wertvoller als makellose Perfektion.

Handarbeit auf dem Bauernhof – eine neue Perspektive

Seit ich am Biohof in Patsch lebe, hat das Thema Handarbeit eine ganz neue Bedeutung für mich bekommen. Hier ist es nicht nur eine Arbeitsweise, sondern eine Haltung. Natürlich gibt es Maschinen als Helfer, aber vieles wird immer noch von Hand erledigt – nicht, weil man stehen geblieben ist, sondern weil es Sinn ergibt. In gewisser Weise ist dieser Umgang mit Ressourcen nachhaltiger, weil er sich nach dem Rhythmus der Natur richtet.

Eines meiner schönsten Erlebnisse war die Kartoffelernte. Mein Schwiegervater fuhr nach getaner Arbeit mit den Händen durch die Erde und sagte, wie sehr er diesen direkten Kontakt liebt. Diese Verbindung zur Natur spiegelt sich auch in den Traditionen des Hofs wider:

  • Der Winter wird mit lauten, kunstvollen Kostümen vertrieben.
  • Zu Weihnachten werden alle Räume mit Räucherwerk gereinigt – eine alte Tradition der Raunächte.
  • Die Balken unserer Wohnung sind mit Schnitzereien verziert, die symbolisch für Naturverbundenheit stehen.

Die Bedeutung von Handwerkskunst – ein Blick in die Geschichte

Der Kunsthistoriker Dr. Helmut Nemec beschreibt in seinem Buch „Alpenländische Bauernkunst“, wie tief verwurzelt Handarbeit in der bäuerlichen Kultur war:

„Für den Bauern waren Sonne und Mond, Wind und Wetter, Tag und Nacht, der Ablauf der Jahreszeiten eine Welt, die er unmittelbar erlebte. Er stand als Teil mitten in ihr. (…) Dinge des täglichen Gebrauchs bekamen über ihren praktischen Zweck hinaus einen tieferen Sinn.“

Helmut Nemec - Alpenländische Bauernkunst. 1966 Verlag Kremayr & Scheriau
Eine Übersicht verschiedener geometrischer Symbole im Kapitel: Symbole, Zeichen, Heilige

Handgemachte Objekte waren nicht nur nützlich, sondern wurden mit Mustern und Symbolen versehen, die Schutz und Bedeutung verliehen. Haus, Möbel, Kleidung – alles war durch Handwerkskunst mit einer tieferen Ebene des Lebens verbunden.

geschnitztes Ornament an unserem Hof in Patsch, Tirol von Josef Greier.

Warum ist Handarbeit heute so schwer skalierbar?

Die große Herausforderung: Handgemachtes ist schwer massenproduzierbar – und damit oft „unbezahlbar“. Viele Kunsthandwerker:innen arbeiten aus purer Leidenschaft, passen ihre Preise aber an industrielle Standards an, weil sie fürchten, dass die wahre Wertigkeit ihrer Werke nicht erkannt wird.

Dabei habe ich auf meinen Recherche-Reisen durch Österreich und Südtirol gelernt, wie sich ein handgemachter Stoff von einem industriell gefertigten unterscheidet – nicht nur optisch, sondern auch in der Erfahrung, die man mit ihm macht. Wenn ich eine Weberei besuche und die Künstler:innen persönlich kennenlerne, wird der Stoff lebendig. Ich höre ihre Geschichten, erfahre aus erster Hand, wo die Faser oder das Muster herkommt. Der Stoff ist nicht perfekt glatt und ebenmäßig, sondern trägt Spuren der Handarbeit – kleine Unebenheiten, die durch das mehr oder weniger energische Bewegen des Webstuhls entstehen. Es riecht nach Holz und nach Naturfasern wie Wolle oder Leinen. Die Räume sind erfüllt von Ruhe und Beständigkeit, genauso wie die Menschen, die hier arbeiten. Da hält man sich gerne auf.

02 Leinenhemd mit handgewebter Brusttasche

Die Geschichte hinter jedem Stück

Jedes handgemachte Produkt trägt eine Geschichte in sich. Es beginnt mit der Auswahl der Materialien, durchläuft die Hände erfahrener Kunsthandwerker:innen und findet schließlich seinen Weg zu einer Person, die es wertschätzt.

Ein Beispiel dafür ist die Sashiko-Stickerei, die ich bewusst auf einem Leinenhemd eingesetzt habe. Sie ist nicht nur ein ästhetisches Element, sondern soll auch die Wertschätzung für das Handwerk und den Stoff selbst zum Ausdruck bringen.

01 Leinenhemd mit handbestickter Brusttasche

Die Sashiko Stick-Technik wird mit einem speziellen Ring durchgeführt und der Stoff wird durch die Nadel geführt, nicht die Nadel durch den Stoff. Diese Technik ermöglichte es mir, in relativ kurzer Zeit, die vielen Brusttaschen von Hand vorzubereiten.

Das erstellen der Brusttaschen in hundertfacher Geschwindigkeit. In Echtzeit haben Zwei Taschen ca. 1 Std benötigt. 

Diese Verbindung zwischen Material, Handwerker:in und Träger:in macht ein handgefertigtes Stück so besonders.

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